Neue Nachrichten von Udo Walendy

Verlag für Volkstum und Zeitgeschichtsforschung

Udo Walendy

Vlotho, den 28, Februar 1996

Mitteilung an unsere Leser!

Vor drei Wochen, am 7. Februar, wurde in unseren Geschäfts- und Privaträumen eine großangelegte Untersuchung -- die Presse berichtete von einer "Razzia" -- durchgeführt. Aufgeboten waren ca. 20 Beamte, teils in Uniform, bewaffnet, mit zwei Mannschaftwagen + Pkw's. Sie überspielten -- ungeachtet des Datenschutzes -- sämtliche Verlagsadressenund Computerprogramme mit Geschäftsinhalten, Korrespondenzen und in Vorbereitung befindliche wissenschaftliche Arbeiten.

Des weiteren wurden etliche Aktenordner und Sicherheitsdisketten beschlagnahmt, ich persönlich zur erkennungsdienstlichen Vernehmung mit Aufnahme von Fingerabdrücken und Lichtbildern aufgefordert. Der Safe wurde versiegelt, da ich ihn nicht unverzüglich öffnen konnte. In einer Zweitwohnung wurde mit Hilfe des Schlüsseldienstes ebenfalls alles -- in unserer Abwesenheit -- durchsucht und offenbar auch fotografiert.

Gefunden wurden einige beschlagnahmt gewesene Historische Tatsachen-Hefte -- z. B. als unterster Karton eines hohen Stapels im unübersichtlichen Lager, von den Beamten ebenfalls mehrfach übersehen, außerdem aus den privaten persönlichen Sammelordnern, später auch dem Safe entnommen--, 12 nicht-verbotene Bücher "Mein Kampf", 2 Bücher "Auschwitz-Mythos", etliche Prospekte, ein Computer + ein Laptop (beide wurden inzwischen zurückgeliefert). Mitgenommen wurden ferner einige Bücher, über die, weil sie ganz neu, sozusagen gerade eingetroffen waren, gar kein Gerichtsabschluß vorliegt, auch je ein Exemplar der HT-Hefte Nr. 66, 67 und 68; dazu Aktenordner mit Post- und Bankbelegen + Korrespondenzen. Eine lesbare Asservatenliste soll mir noch zugestellt werden.

Anlaß für diese Aktion waren zwei Gerichtsbeschlüsse.

Der erste bezog sich auf im Herbst in einem Sonderzimmer meines Büros offen auf dem Tisch deponiert gewesene 14 SS-Liederbücher, die mir seinerzeit unmittelbar vor meiner USA-Reise anonym zugeschickt worden waren und die dann während meiner USA-Reise dort "entdeckt" wurden. Der Zusender, der sich gewiß einer humaneren Art als der Briefbombe bediente, war sicherlich so gut informiert, von mir anzunehmen, daß ich diese Liederbücher, zumal sie, wie ich mich noch vergewissern konnte, mit dem Deutschlandlied, unserer Nationalhymne begannen, nicht sogleich in den Papierkorb verweisen, sondern vorher einen Rechtsanwalt konsultieren würde, wie man damit umgehen könnte. Mit dem behaupteten Verdacht, ich hätte diese Liederbücher neu aufgelegt, erreichte die Staatsanwaltschaft einen Gerichtsabschluß zur Durchsuchung "zwecks Auffindung von Beweismitteln". Diese wurden jedoch nicht gefunden, sie konnten auch nicht gefunden werden, da der behauptete Verdacht nicht zutrifft.

Der diesmalige Großaufwand der Staatsschutzbehörden wurde zunächst durch einen weiteren Gerichtsabschluß in bezug auf das inzwischen beschlagnahmte Buch von Frau Ingrid Weckert "Feuerzeichen" begründet, für das ich gar nicht verantwortlich war und bin, das im übrigen 15 Jahre unbeanstandet in der Öffentlichkeit verkauft werden konnte, bis es plötzlich am 30. 6. 1994 auf den Index für jugendgefährdende Schriften gesetzt und aus einem späteren, mir heute noch unbekannten Zeitpunkt beschlagnahmt worden war. 15 Jahre frei im Handel, plötzlich auf dem Index und dann beschlagnahmt -- das ermöglichen heutige Gesetze. Die Indizierung läßt sich ja noch durch den Bundesanzeiger in Erfahrung bringen. Doch wer setzt die Verlegerwelt von Beschlagnahmen in Kenntnis?

Jetzt wurden bei mir noch alte Prospekte gefunden, in denen "Feuerzeichen" angepriesen war, als dies selbstverständlich erlaubt und sinnvoll war. Sie lagen bei den alten Prospekten, die nicht verschickt worden waren, und hatten ohnehin ihren Sinn verloren, weil das Buch gar nicht mehr lieferbar war. Wie sollte man für so etwas noch werben wollen? Die mir nicht bekanntgewesene Beschlagnahme des Buches nach 15 Jahren macht jetzt diese Prospekte für mich anscheinend plötzlich zum "Strafdelikt".

Gegenwärtig sind noch anhängig:

3 Prozesse (infolge Presseverjährung, bisher unbegrenzt auf 1/2 Jahr, seit Dezember 1994 auf 5 Jahre ausgedehnt) im Literaturvernichtungsverfahren, sog. "objektiven Verfahren", in bezug auf die

(1) HT-Hefte Nr. 1 (neu bearbeitete Ausgabe, "Kriegs-, Verbrechens- oder Propaganda-Opfer?" beschlagnahmt am 21.8. 1995), (2) Nr. 59 ("Polens Umgang mit der historischen Wahrheit", beschlagnahmt am 13.7.1995) und (3) Nr. 60 (Naturwissenschaft ergänzt Geschichtsforschung", beschlagnahmt am 16.5.1995), (4) ein Strafverfahren in bezug auf die Ausgabe HT Nr. 64 ("Immer neue Bildfälschungen, II. Teil", noch nicht eröffnet; beschlagnahmt wurde diese Ausgabe am 28.7.1995), (5) ein Strafverfahren wegen eines Artikels in dem Buch Ernst Gauss, "Grundlagen zur Zeitgeschichte" (z.Zt. noch nicht eröffnet), (6) ein Strafverfahren, das sich um die Ergebnisse der vorgenannten, von der Presse als "Razzia" bezeichneten Untersuchung ranken dürfte, (7) HT Nr. 52 ("Weitergehende Forschung") + Nr. 53 ("Entstellte Geschichte") sind seit längerer Zeit beim Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung fällig.

Zu Einzelheiten möchte ich mich aus Gründen, die sich aus dieser Situation ergeben, z. Zt. nicht äußern.

Es war stets mein Anliegen, der Öffentlichkeit sachlich erforschte, naturwissenschaftliche und historische Untersuchungen vorzulegen und somit zur Diskussion zu stellen. Bis heute wurde mir noch keine falsche Behauptung nachgewiesen. Wissenschaftliche Erkenntnisse oder Erkenntnissuche entbehren jeder Art von "Konspiration" und normalerweise strafrechtlicher Bezüge. Sie sind durch Art. 8, Abs. 3 Grundgesetz ohne Vorbehalt geschützt. Dennoch scheinen sie auch heute wie in anderen Epochen der Weltgeschichte dem schwankenden Urteil des Zeitgeistes und dem Zugriff der Macht schutzlos ausgeliefert zu sein.

In einer für mich und meine Familie so außerordentlich eskalierten Situation, da die Verhältnismäßigkeit der Mittel offenbar noch nicht gewahrt wird, dürfte es mir wohl auf Grund behördlicher Einwirkung nicht mehr möglich sein, die von mir vorgesehene und von Ihnen, wie ich aus vielen Gesprächen weiß, erhoffte Arbeit fortzusetzen. Wissenschaft setzt Freiheit der Forschung voraus.

Das für das Frühjahr traditionsgemäß vorgesetzte Lesertreffen kann ich aus Verantwortungsbewußtsein auch Ihnen gegenüber nicht durchführen, denn aus zahllosen Erfahrungsbeispielen weiß ich, daß sich auf Initiative gewisser Hintergrundkräfte hin etliche Busse mit Chaoten einfinden dürften, die auf Teilnehmer und das Versammlungslokal entsprechend der ihnen eigenen Methoden einzuwirken Gelegenheit bekämen. Sollte dies in unserem Fall eines fern abgelegenen Lokals nicht zu organisieren sein, hätten wir dismal gewiß mit polizeilichen Verhinderungsmaßnahmen zu rechnen. Niemand von uns will eine solche Eskalation. Die Prozess müssen erst ausgestanden sein. Man muß für öffentliches Auftreten den Rücken frei haben.

Von dem Fortgang des Prozesses werden Sie sicher aus den Medien erfahren. Was anschließend zu tun bleibt, muß abgewartet werden.

Mit freundlichem Gruß

Udo Walendy.