Kapitel 3
Der Schlüsselzeuge Alexander Aronowitch Petscherski

Als Anführer der erfolgreichen Revolte in Sobibor gehört Alexander Aronowitsch Petscherski (1909-1990) zu den Lichtgestalten der „Holocaust“-Geschichte. Er ist der Held mehrerer Filme über den Aufstand, darunter Jack Golds Escape from Sobibor (1987) und Claude Lanzmanns Sobibor. 14. Octobre 1943, 16 heures (2001).
            Alexander Petscherski wurde im Juni 1941 im Rang eines Unteroffiziers zur Roten Armee eingezogen und im September desselben Jahres zum Leutnant befördert. Einen Monat darauf geriet er in deutsche Kriegsgefangenschaft. Nach einem gescheiterten Fluchtversuch wurde er im Mai 1942 nach Borisow und von dort aus nach Minsk deportiert, wo man ihn in ein Arbeitslager einlieferte. Am 18. September 1943 wurde er gemeinsam mit allen anderen in jenem Lager einsitzenden Juden in einen Zug verladen. Am 23. traf er in Sobibor ein, wo er bis zum Aufstand vom 14. Oktober interniert war. Die Juden, denen die Flucht gelang, teilten sich in mehrere Gruppen auf. Am 22. Oktober stiess Petscherskis Gruppe auf einen sowjetischen Partisanentrupp, dem sie sich anschloss.

 

a)      Ein selbsternannter „Märtyrer zweier Diktaturen“

Eine Recherche über das weitere Schicksal Petscherskis fördert die erstaunlichsten Widersprüche zutage. In der russischen Ausgabe von Wikipedia liest man hierzu folgendes:

„ „Nach der Befreiung Weissrusslands wurde Petscherski als des Landesverrats verdächtig einem Strafbataillon zugewiesen. Der Kommandant des Strafbataillons, Major Andrejew, war von Petscherskis Erzählung so erschüttert, dass er diesem ungeachtet des Verbots, das Territorium des Strafbataillons zu verlassen, erlaubte, nach Moskau zu fahren und vor der Kommission zur Untersuchung der Untaten der deutsch-faschistischen Eindringlinge und ihrer Helfershelfer auszusagen. Vor der Kommission hörten sich die Schriftsteller Pawel Antokolski und Wenjamin Kawerin den Bericht Petscherskis an. Auf ihrer Grundlage publizierten sie einen Artikel mit dem Titel ‚Wosstanie w Sobibore (Aufstand in Sobibor) [In einer Fussnote wird mitgeteilt, dass dieser Artikel in der Nr. 4/1945 der Zeitschrift Znamja erschien.]. Dieser Text wurde nach dem Krieg in den weltberühmten Sammelband Das Schwarzbuch aufgenommen  […] 1948 verlor Petscherski im Rahmen der politischen Verfolgungskampagnen gegen sogenannte ‚vaterlandslose Kosmopoliten’ seine Arbeit. Danach konnte er fünf Jahre lang keine Anstellung mehr finden und war auf die Unterstützung seiner Frau angewiesen.“

In einem Gespräch mit einem anderen ehemaligen Sobibor-Häftling, Thomas (Toivi) Blatt, das T. Blatt zufolge im Jahre 1979 und laut der englischen Ausgabe von Wikipedia im Jahre 1980 stattfand, berichtet Petscherski allerdings nichts von einem Strafbataillon. Stattdessen behauptet er, im August 1944 im Kampf eine schwere Beinwunde davongetragen zu haben und deswegen mit einer Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet worden zu sein. Dieser konnte er sich jedoch nicht lange erfreuen, denn:

„„Ich wurde für viele Jahre ins Gefängnis geworfen. Ich galt als Verräter, weil ich mich – als verwundeter Soldat – den Deutschen ergeben hatte. Nachdem sich Leute aus dem Ausland beharrlich nach mir erkundigt hatten, wurde ich schliesslich freigelassen...“

Dass Petscherski aufgrund seiner Gefangennahme durch die Deutschen als Vaterlandsverräter behandelt und jahrelang eingesperrt worden sei, vermeldet auch die französische Ausgabe von Wikipedia, die ausserdem fälschlicherweise behauptet, Petscherski sei als Zeuge beim Nürnberger Prozess aufgetreten.

Die Geschichte von der „jahrelangen“ Inhaftierung Petscherskis hält einer kritischen Überprüfung nicht stand. Hätte man die Tatsache, dass er in Kriegsgefangenschaft geriet, als Landesverrat eingestuft, so hätte man ihn selbstverständlich gleich nach seiner Rückkehr zur Roten Armee verurteilt und eingesperrt. Dass man ihm nach seiner Verwundung eine Tapferkeitsmedaille verlieh, ihn in Moskau als Zeugen vor eine Kommission bestellte, ihm 1946 gestattete, einen Bericht über Sobibor zu schreiben, und ihn dann plötzlich „für viele Jahre“ hinter Gitter steckte, weil er sich im Herbst 1941 den Deutschen ergeben hatte, ist vollkommen unglaubhaft.

Im Gegensatz zu Petscherski selbst nennt der englische Wikipedia-Eintrag für seine angebliche Haftzeit präzise Daten:

 „Während Stalins politischer Hexenjagden von 1948 verlor Petscherski seine Stelle und wurde mit seinem Bruder ins Gefängnis geworfen. Erst nach Stalins Tod im Jahre 1953 sowie wachsendem internationalen Druck für seine Freilassung wurde er auf freien Fuss gesetzt.“

Diese Formulierung legt nahe, dass Petscherski im Rahmen der 1948 einsetzenden Kampagne gegen den „Kosmopolitismus“ inhaftiert wurde, weil man ihm antisowjetische Aktivitäten zur Last legte. Dies widerspricht jedoch Petscherskis eigener Darstellung. Zudem hält die deutsche Ausgabe von Wikipedia unmissverständlich fest:

„Er [Petscherski] korrespondierte mit zahlreichen Überlebenden aus dem Lager; die im Westen lebten. Diese Briefe führten zu seiner Entlassung [als Musiklehrer] im Jahre 1948 wegen ‚Verbindungen mit imperialistischen Staaten’. Er wurde nicht verhaftet, konnte aber während fünf Jahren nicht in seinem Beruf arbeiten, sondern war auf Gelegenheitsarbeiten angewiesen.“

Auch Barbara Distel behauptet in einem anno 2008 erschienenen Artikel über Sobibor, in dem sie recht ausführlich auf Petscherski eingeht, keineswegs, die Sowjets hätten diesen aus irgendwelchen Gründen eingekerkert, sondern erwähnt lediglich, dass das Leben für die ehemaligen Aufständischen nach ihrer Heimkehr in die UdSSR „schwer“ war.
Die unausweichliche Schlussfolgerung lautet, dass sich Petscherski die Geschichte von seinem „vieljährigen“ Gefängnisaufenthalt in der Sowjetunion aus den Fingern gesogen hat, um sich den Heiligenschein eines Märtyrers zweier Diktaturen zuzulegen, der nach einem „Nazi-Todeslager“ auch Stalins Verliese überlebt hat. Dies allein reicht bereits, um ihn als Schwindler zu entlarven, und es besteht aller Grund, auch seinen Erzählungen über Sobibor mit grösstem Misstrauen zu begegnen.

b)     Die beiden Petscherski-Berichte über Sobibor

Wie im russischen Wikipedia-Eintrag zu Petscherski erwähnt wird, veröffentlichte die Zeitschrift Znamja in ihrer Nummer 4/1945 unter dem Titel „Wosstanie w Sobibore“ (Aufstand in Sobibor) einen Artikel der Schriftsteller Antokolski und Kawerin, der auf den Aussagen Petscherski vor der sowjetischen „Kommission zur Untersuchung der Untaten der deutsch-faschistischen Eindringlinge und ihrer Helfershelfer“ fusste. Petscherskis Darlegungen wurden darin in der dritten Person wiedergegeben. Die bekannten Propagandisten Ilja Ehrenburg und Wassili Grossman nahmen diesen Artikel in das Manuskript ihres Schwarzbuchs auf, das freilich in der UdSSR nicht erscheinen konnte, weil der Satz kurz vor der geplanten Veröffentlichung des Werkes von der sowjetischen Zensur vernichtet wurde. Erst 1980 wurde das Schwarzbuch in russischer Sprache in Israel publiziert. Ein Jahr später erschien in New York eine englische Übersetzung.
            Eine rund viermal längere, in der ersten Person geschriebene Fassung des Petscherski-Berichts erschien 1946 in Moskau beim Verlag „Der Emes“ in jiddischer Sprache unter dem Titel Der Uifstand in Sobibor. Da Petscherski, obwohl Jude, des Jiddischen nicht mächtig war, war seine russische Vorlage von einem N. Lurie in diese Sprache übersetzt worden. Der Uifstand in Sobibor wurde 1967 ins Englische und 1969 auf der Grundlage der englischen Fassung ins Italienische übertragen. 
Ein Vergleich zwischen den beiden Versionen des Petscherski-Berichts ergibt, dass diese inhaltlich im wesentlichen übereinstimmen.  Erwähnenswert sind folgende zwei Unterschiede:

-        Laut der ersten, später ins Schwarzbuch aufgenommenen Version trifft „fast jeden Tag“ ein Zug mit 2.000 Todgeweihten in Sobibor ein , während die Todeszüge laut der zweiten, 1946 erschienenen Fassung nur jeden zweiten Tag rollen.

-        In der ersten Version heisst es, Sobibor habe zum Zeitpunkt von Petscherskis Ankunft ein Jahr bestanden und in dieser Zeit 500.000 Opfer gefordert. Nach der zweiten Fassung bestand das Lager im September 1943 bereits seit anderthalb Jahren; eine Gesamtopferzahl wird hier nicht genannt, doch wenn jeden zweiten Tag ein Zug mit 2.000 neuen Häftlingen ankam und diese bis auf eine Handvoll Ausnahmen sofort getötet wurden, muss sich die Zahl der Ermordeten auf ca. 550.000 belaufen haben.

Bei der folgenden Analyse stützen wir uns auf die italienische Übersetzung der zweiten, längeren Version, „Rivolta a Sobibor“.

 

c)         Petscherskis Lügengespinst

Petscherskis Bericht strotzt vor unverfrorenen Lügen. Gleich eingangs behauptet der Verfasser, während der viereinhalbtägigen Fahrt von Minsk nach Sobibor , die in einem restlos überfüllten Wagen erfolgt sei, hätten er und seine Leidensgenossen „weder Speise noch einen Tropfen Wasser“ erhalten (S. 30). Unter diesen Umständen wäre ein grosser Teil der Deportierten unterwegs verdurstet, doch erwähnt Petscherski keinen einzigen Todesfall: Selbst „die zweijährige Nellie“ hat die Fahrt überlebt, wenn auch nur, um in Sobibor der sofortigen Vernichtung anheimzufallen. (S. 32). Da die Deutschen einen Teil der Neuankömmlinge – darunter Petscherski selbst - unverzüglich zur Arbeit in der Schreinerei abkommandierten (S. 30), wäre es von ihrem Standpunkt aus übrigens völlig unlogisch gewesen, sich um wertvolle Arbeitskräfte zu bringen, um einige Eimer Wasser zu sparen. War ihnen aber am Tod der Deportierter gelegen, so hätte es ausgereicht, diese noch etwas länger ohne Wasser in den vollgepferchten Waggons zu belassen. Dann hätten sie nur noch die Leichen der Verdursteten zu den Gräbern schaffen müssen und sich den Bau von „Vernichtungsanlagen“ sparen können.
            Gleich nach seiner Ankunft erfährt Petscherski von einem „kleinen und stämmigen Juden“, dass in Sobibor eine Massenvernichtung von Menschen im Gange ist:

      „Ich bemerkte, dass nordwestlich von uns graue Rauchsäulen erschienen und sich in der Ferne verloren. Ein scharfer Geruch, der Geruch von Rauch ohne Flammen, erfüllte die Luft.
      ‚Was brennt denn da hinten?’ fragte ich.
      ‚Schau nicht in diese Richtung’ erwiderte der Jude. ‚Es sind die Leichen deiner Gefährten, die mit dir zusammen eingetroffen sind.’
      Ich fühlte, wie mich die Ohnmacht überkam. Er fuhr fort: ‚Du bist weder der erste noch der letzte. Jeden zweiten Tag trifft ein Transport mit 2.000 Personen ein, und das Lager existiert seit anderthalb Jahren.“ (S.30, 31).

Somit wurden in Sobibor noch Ende September 1943 jeden zweiten Tag 2.000 Juden ermordet. Im folgenden berichtet Petscherski laufend vom Eintreffen neuer Transporte mit Todgeweihten. Diese Darstellung ist vom Standpunkt der offiziellen Sobibor-Version aus ein schreiender Anachronismus:

-        Laut dem führenden Sobibor-Experten der orthodoxen „Holocaust“-Geschichtsschreibung, Julius Schelvis, trafen aus den besetzten sowjetischen Gebieten insgesamt sechs, möglicherweise acht Transporte ein, von denen derjenige Petscherskis der zweite war; der erste war ca. am 15. September  von Minsk abgegangen. Ausser diesen sowjetischen Juden wurden nach Schelvis im Jahre 1943 noch 34.313 Juden aus Holland, 3.500 Juden aus Frankreich, 14.900 Juden aus dem Generalgouvernement sowie 2.382 Juden aus Skopje nach Sobibor deportiert. Der letzte Transport aus Holland ging ihm zufolge am 20. Juli 1943 , der letzte Transport aus Frankreich am 25. März 1943 , der einzige Transport aus Skopje am 30./31. März 1943 ab . Für das Generalgouvernement erwähnt er unter Berufung auf den israelischen Historiker Yitzhak Arad Transporte aus dem Distrikt Galizien bis zum Juni 1943 Anders gesagt: Zwischen dem 21. Juli und dem 14. September 1943 erfolgte kein einziger Transport nach Sobibor. Dies passt sehr gut zu der Tatsache, dass Himmler am 5. Juli anordnete, „das Durchgangslager Sobibor in ein Konzentrationslager umzuwandeln“.

 

-        Von seinem Mithäftling Ber Feinberg, einem Friseur aus Warschau, erfährt Petscherski, dass früher tagtäglich ein aus zehn Waggons bestehender Zug mit den Kleidern, Schuhen und Haaren der Opfer aus Sobibor nach Deutschland abging (S. 38);

-   Petscherski freundet sich mit einer achtzehnjährigen deutschen Jüdin namens Luka an, die in den dreissiger Jahren mit ihren Eltern nach Holland emigriert ist. Obwohl er nur Russisch und sie nur Deutsch und Niederländisch kann, führen sie unter vier Augen lange Gespräche. Luka erzählt ihm, dass sie im Hof arbeitet. Durch die Spalten der Palisade kann man dort „die Männer, Frauen und Kinder sehen, die nackt ins Lager III geführt werden“ (S. 43). Des weiteren verrät Luka Petscherski, dass sie als Achtjährige in Deutschland von der Polizei gefoltert wurde, um sie zur Preisgabe des Aufenthaltsorts ihres als Kommunist gesuchten Vaters zu entlocken. Sie blieb jedoch unter der Folter standhaft und hielt dicht (S. 47).

-        Nach ihrer Flucht aus Sobibor machen Petscherski und seine Gefährten westlich des Flusses Bug bei einem Bauernhaus Halt. Dort erfahren sie, dass die Deutschen in jener Gegend ein Lager errichtet haben, wo Seife aus menschlichen Leichen hergestellt wird (S. 65). (Das – von der offiziellen Geschichtsschreibung längst aufgegebene - Ammenmärchen von der Seife aus Menschenfett gehörte in der unmittelbaren Nachkriegszeit zum Standardrepertoire der antideutschen Greuelpropaganda.)

Woher also stammten die Todgeweihten, von denen laut Petscherskis anonymem Zeugen vor dem 23. September „jeden zweiten Tag ein Transport mit 2.000 Personen“ eingetroffen war?

Den Ablauf der Massenvernichtung lässt sich Petscherski von seinem Gewährsmann wie folgt schildern:

„Auf den ersten Blick hat man noch den Eindruck, man betrete ein ganz normales Bad. Hähne für heisses und kaltes Wasser, Waschbecken. […] Doch kaum sind alle eingetreten, werden die Türen dröhnend zugeschlagen. Eine schwarze, schwere Substanz ergiesst sich in Spiralen aus an der Decke angebrachten Löchern. Man hört grauenvolle Schreie, die jedoch nicht lange dauern, verwandeln sie sich doch bald in das Keuchen und Röcheln Erstickender, die sich in Krämpfen winden. […] Nach einer Viertelstunde ist alles vorbei. Der Fussboden öffnet sich, und die Leichen fallen in Waggons, die unten in den Kellern des ‚Bads’ warten und, sobald sie gefüllt sind, rasch losfahren. Alles ist nach moderner deutscher Technik organisiert. Draussen werden die Leichen nach einem bestimmten Schema aufgebahrt und mit Benzin übergossen, worauf man sie in Brand steckt. Und dort verbrennen sie.“ (S. 31).

Fürwahr eine Schilderung, die einem das Blut in den Adern gefrieren lässt! Sie hat freilich den kleinen Schönheitsfehler, dass sie hinten und vorne nicht mit der offiziellen Version übereinstimmt, der zufolge die Massenmorde in Sobibor mit Motorabgasen begangen wurden…
 Zu den weiteren Absurditäten, die Petscherski seinen Lesern zumutet, gehören insbesondere die folgenden:

-        Immer, wenn im Lager III Menschen in das als „Bad“ getarnte Hinrichtungsgebäude geführt werden, treiben die Deutschen dreihundert Gänse in den Hof vor diesem Gebäude und scheuchen sie hin und her, damit ihr aufgeregtes Geschnatter die Schreie der Sterbenden übertönt (S. 36)

-        Von seinem Mithäftling Ber Feinberg, einem Friseur aus Warschau, erfährt Petscherski, dass früher tagtäglich ein aus zehn Waggons bestehender Zug mit den Kleidern, Schuhen und Haaren der Opfer aus Sobibor nach Deutschland abging (S. 38);

-   Petscherski freundet sich mit einer achtzehnjährigen deutschen Jüdin namens Luka an, die in den dreissiger Jahren mit ihren Eltern nach Holland emigriert ist. Obwohl er nur Russisch und sie nur Deutsch und Niederländisch kann, führen sie unter vier Augen lange Gespräche. Luka erzählt ihm, dass sie im Hof arbeitet. Durch die Spalten der Palisade kann man dort „die Männer, Frauen und Kinder sehen, die nackt ins Lager III geführt werden“ (S. 43). Des weiteren verrät Luka Petscherski, dass sie als Achtjährige in Deutschland von der Polizei gefoltert wurde, um sie zur Preisgabe des Aufenthaltsorts ihres als Kommunist gesuchten Vaters zu entlocken. Sie blieb jedoch unter der Folter standhaft und hielt dicht (S. 47).

-        Nach ihrer Flucht aus Sobibor machen Petscherski und seine Gefährten westlich des Flusses Bug bei einem Bauernhaus Halt. Dort erfahren sie, dass die Deutschen in jener Gegend ein Lager errichtet haben, wo Seife aus menschlichen Leichen hergestellt wird (S. 65). (Das – von der offiziellen Geschichtsschreibung längst aufgegebene - Ammenmärchen von der Seife aus Menschenfett gehörte in der unmittelbaren Nachkriegszeit zum Standardrepertoire der antideutschen Greuelpropaganda.)

 

d)  Der Aufstand vom 14. Oktober 1943 in der Darstellung Petscherskis

Die aufschlussreichsten Passagen aus Petscherskis Bericht sind diejenigen, in denen es um den Aufstand vom 14. Oktober geht. Hierzu sei folgendes vorausgeschickt:
Während Petscherskis Aufenthalt in Sobibor gibt es seiner Darstellung zufolge dort rund 600 (männliche und weibliche) jüdische Häftlinge (S. 40). Sie wissen, dass die Deutschen viele hunderttausend ihrer Glaubensgenossen ermordet haben. Sie werden Tag für Tag schikaniert und misshandelt (der 24. September „verging mehr oder weniger glimpflich, weil lediglich fünfzehn von uns wegen mangelnden Arbeitseifers jeweils 25 Peitschenhiebe erhielten“; S. 33). Jedem dieser Juden ist klar, dass er vor der Auflösung des Lagers als unerwünschter Zeuge beseitigt wird. Unter diesen Umständen haben die Häftlinge nichts mehr zu verlieren, und die Deutschen müssen tagtäglich mit einem Aufstandsversuch rechnen, zumal die Juden durchaus nicht wehrlos sind: Bei der Vorbereitung der Revolte weist Petscherski seinen Mitverschwörer Baruch an, „ungefähr siebzig geschliffene Messer und Rasiermesser“ zu besorgen (S. 44), und in der Schreinerei stehen den Arbeitern Beile zur Verfügung.
Diesen 600 verzweifelten, vor Hass und Rachsucht kochenden, teilweise mit Hieb- und Stichwaffen ausgerüsteten Juden steht lediglich eine Handvoll SS-Männer gegenüber. Sie verfügen zwar über Helfer in Gestalt der – von ihm fälschlicherweise „Kapos“ genannten - Wachmänner , dürfen jedoch nicht auf deren Loyalität bauen: „Wir haben Privilegien, aber wenn der Augenblick der Liquidierung des Lagers naht, werden wir euch in derselben Lage befinden wie ihr. Sie werden auch uns töten. Das ist klar“, meint der polnische Wachmann Brzecki im Gespräch mit Petscherski (S. 49). In anderen Worten: Die Wachmänner können sich jederzeit mit den Juden gegen die paar SS-Männer zusammentun. Unter diesen Umständen müsste man selbstverständlich annehmen, dass letztere allerhöchste Wachsamkeit an den Tag legen – doch eben dies tun sie laut Petscherskis Schilderung nicht.
„Mein Plan ist klar“, erläutert Petscherski seinen Mithäftlingen. „Wir müssen die Gruppe von Offizieren aus dem Weg räumen, welche das Lager verwaltet. Selbstverständlich einen nach dem anderen, und ohne den geringsten Lärm zu verursachen“ (S. 52).

Genau so kommt es auch:
„Der Unterscharführer Ernst Berg traf zu Pferd beim Schneider ein, wie vorher vereinbart worden war; er stieg ab und liess das Pferd mit schleifenden Zügeln draussen stehen. Wie ich später erfuhr, geschah drinnen folgendes: Als der Unterscharführer eintrat, erhoben sich wie üblich alle. Shubayev (Kalimali) ging zum hinteren Ende des Tisches. In einer Ecke, bei einem Bein des Tisches, lag ein in ein Hemd eingewickeltes Beil. Der Offizier streifte den Gürtel ab, an dem die in einem Futteral steckende Pistole hing, und legte alles auf den Tisch. Als er seine Jacke auszog, trat Juzef, der Schneider, sofort mit der Uniform, die er anprobieren wollte, an ihn heran. Senie näherte sich dem Tisch, um notfalls die Pistole ergreifen zu können. Nun sorgte Juzef dafür, dass sich der Deutsche umdrehte und Shubayev den Rücken zuwandte, wobei er ihm erläuterte, er tue dies, damit das Licht die Uniform besser beleuchte. In diesem Augenblick liess Shubayev das Beil auf den Kopf des Hitler-Mannes niedersausen, der einen fürchterlichen Schrei ausstiess. Draussen bäumte sich das Pferd auf und spitzte die Ohren. Der zweite Hieb brachte den Deutschen für immer zum Verstummen. […] Zehn Minuten später betrat der Chef der Wachen, Oberscharführer Erbert Helm, die Werkstatt. Er verliess sie nicht mehr. Er hatte die Schwelle noch nicht überschritten, als ihn Senie abservierte. Genau um vier trat der Oberscharfüher Goettinger, Chef des Lagers III, beim Schuster ein. Arkady Vaispapier reparierte gerade ein Werkzeug, Grisha stand neben der Tür. Der Hinrichtungsleiter war bei guter Laune. ‚Die Sonne strahlt, es ist warm, prima’, murmelte er.’Sind meine Stiefel bereit?’ ‚Hier, bitte’, sagte Jakub und reichte ihm die Stiefel. ‚Probieren Sie sie an.’ ‚Hör zu, Jakub’, fuhr der Oberscharführer fort, ‚in fünf Tagen fahre ich nach Deutschland. Du musst mir ein Paar Pantoffeln für meine Frau machen. Denke daran.’ ‚Ich hoffe, Ihre Frau wird zufrieden sein’, antwortete Jakub. In diesem Augenblick schmetterte Arkady dem Oberscharführer das Beil auf den Kopf. […] Um halb fünf kehrten Brzecki und seine Gruppe aus dem Nordlager zurück. Genau in diesem Moment erschien Unterscharführer Haulstich im Hof. Shloime lief ihm entgegen. ´Unterscharführer´, sagte er, ´ich weiss nicht, wie es mit den Schützengräben weitergehen soll. Ich brauche Instruktionen von Ihnen. Die Leute lungern nur herum und halten Maulaffen feil.’ Der Unterscharführer ging auf die Baracken zu.[…] Dort drinnen kümmerte man sich um den Unterscharführer. Shloime selbst hatte die Exekution vollzogen“ (S. 56-59).

 

e)      Eine unfreiwillige Widerlegung der Legende vom „Vernich tungslager Sobibor“

Ist diese Schilderung glaubwürdig? Unsere Antwort lautet: Ja, unbedingt; sie ist der einzige glaubwürdige Teil des Petscherski-Berichtes.
Wir wissen aus deutschen Dokumenten, dass den Aufständischen Erfolg beschieden war: Elf SS-Männer und zwei nichtdeutsche Wachmänner wurden getötet, rund 300 Juden gelang die Flucht. Dies war nur möglich, wenn die SS selbst die elementarsten Sicherheitsvorkehren ausser acht liess, weil sie die Möglichkeit eines Aufstandes schon gar nicht erst in Betracht zog. Falls Sobibor aber ein Vernichtungslager war, wo eine ungeheure Zahl von Juden ermordet worden war, wo die Arbeitsjuden den sicheren Tod vor Augen hatten und zudem die ganze Zeit über geprügelt wurden, war stündlich mit einem Aufstand zu rechnen. Somit beweist das von Petscherski beschriebene leichtsinnige Verhalten der SS-Männer, die ihren Mördern förmlich ins offene Messer liefen, dass Sobibor ein Lager war, wo die Verhältnisse ja hart sein mochten, den Insassen aber keine unmittelbare Gefahr drohte und sie auch nicht ständig misshandelt wurden. Der einzige glaubhafte Teil des Petscherski-Berichts führt die Legende vom „Vernichtungslager Sobibor“ also ad absurdum. Es bedarf nur eines Minimums an gesundem Menschenverstand, um dies zu erkennen.
Ergänzend sei noch erwähnt, dass laut einer Erklärung, die der ehemalige Polizeihauptmann Erich Wullbrandt im Jahre 1961 in Braunschweig abgab, einige der geflüchteten Juden am Abend des Aufstands freiwillig ins Lager zurückgekehrt sind. Sofern dies zutrifft – woran zu zweifeln wir keinen Anlass sehen -, liefert es einen zusätzlichen Beweis für die Richtigkeit unserer Einschätzung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

http:/ru.wikipedia.org/wiki/Печерский,_Александр_Аронович

  Thomas (Toivi) Blatt, Sobibor. The forgotten revolt, a.a.O. S. 121.

  http://en.wikipedia.org/wiki/Alexander_Pechersky

T. Blatt, Sobibor. The forgotten revolt, a.a.O., S. 123.

Ebenda, S. 124.

http://fr.wikipedia.org./wiki/Alexander_Pecherski

http://en.wikipedia.org/wiki/Alexander_Pechersky

http://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Petscherski

Barbara Distel, „Sobibor“; in: Barbara Diestel und Wolfgang Benz (Hg.), Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 8, C. H. Beck, München 2008, S. 402.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Ilja_Grigorijewitsch_Ehrenburg

I. Ehrenburg und V. Grossman (Hg.), The Black Book.,a.a.O. P. Antokolskis und W. Kaverins Artikel „Revolt in Sobibor“ steht dort auf den Seiten 427-445.

Alexander Pechersky, „Revolt in Sobibor“, in: Yuri Suhl (Hg.), They fought back. The Story of the Jewish Resistance in Nazi Europe, New York 1967.

Alexander Pechersky, „Rivolta a Sobibor“, in: Yuri Suhl (Hg.), Ed essi si ribellarono, a.a.O.  

The Black Book, a.a.O., S. 443.

„Rivolta a Sobibor“, a.a.O., S. 31.

The Black Book, a.a.O., S. 443.

Julius Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor , a.a.O., S. 258, 259.

Ebenda, S. 267.

Ebenda, S. 246.

Ebenda, S. 257.

Ebenda, S. 342 (Anmerkung 69).

Ebenda, S. 263.

Über die Zahl der Wachmänner liefert Petscherski keine Angaben. Laut der Enzyklopädie des Holocaust (a.a.O., S. 1330) gab es in Sobibor „zwischen 90 und 120 Trawniki-Männer“.

Von der Anwesenheit polnischer Wachmänner in Sobibor ist in der offiziellen Literatur nirgends die Rede. Vermutlich hat Petscherski die ukrainischen Wachmänner in seinem Bericht durch polnische ersetzt, um die Tatsache zu kaschieren, dass viele Sowjetbürger freiwillig mit den Deutschen zusammengearbeitet hatten.

Julius Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 206 sowie S. 336 (Anmerkung 8).