Kapitel 16

Die Opferzahl von Sobibor - eine Hypothese

 

Zu Beginn unserer Artikelserie schrieben wir, mangels dokumentarischer und forensischer Unterlagen lägen keine revisionistischen Schätzungen der Opferzahl von Sobibor vor. Eine genaue Zahl zu nennen ist in der Tat ein Ding der Unmöglichkeit, doch nun, wo wir mit absoluter Sicherheit nachgewiesen haben, dass Sobibor kein Vernichtungslager war, wollen wir den Versuch unternehmen, zu untersuchen, in welcher Grössenordnung sich die Zahl der Opfer des Lagers bewegt haben könnte.

 

a)      Die Zahl der Opfer unter den Arbeitsjuden

Während des Aufstands vom 14. Oktober 1943 sowie anschliessend an diesen wurden einige hundert Häftlinge getötet . Hierzu kamen weitere Arbeitsjuden, die bei gescheiterten Fluchtversuchen oder wegen schwerer Verstösse gegen die Lagerordnung hingerichtet wurden oder “eines natürlichen Todes” (vor allem an Krankheiten) starben. Wir gehen von der Hypothese aus, dass die Gesamtzahl der ums Leben gekommenen Arbeitsjuden bei nicht über 1.000 lag.

b)      Während des Transports nach Sobibor umgekommene oder vor der Weiterfahrt nach Osten im Lager gestorbene Juden

Obwohl jene Deportierten, die während der Fahrt nach Sobibor den Tod fanden, streng genommen nicht als “Sobibor-Opfer” gelten können, zählen wir sie der Einfachkeit halber zu diesen hinzu. Während die Transporte aus Holland zumindest teilweise unter regulären Bedingungen in Personenzügen erfolgten , war dies bei Transporten aus anderen Ländern meist nicht der Fall. In den überfüllten Zügen brach oft Panik aus, was dazu führen konnte, dass manche der Insassen erdrückt wurden oder erstickten.

Wir verfügen über keine Anhaltspunkte dafür, wie lange die zur Überstellung in die Ostgebiete bestimmten Juden in Sobibor blieben, doch spricht die Logik dafür, dass es im Schnitt nicht mehr als einige Tage gewesen sein dürften. Unter diesen Umständen konnte die Zahl der im Lager “eines natürlichen Todes gestorbenen” Umsiedler nicht hoch sein. Unsere Hypothese lautet, dass der Prozentsatz der während des Fahrts nach Sobibor umgekommenen oder dort an Krankheiten etc. gestorbenen Häftlinge 3% der Gesamtzahl von (maximal) 170.000, also rund 5.000, betragen haben könnte.

  1. Euthanasie

 

Wie an früherer Stelle erwähnt , ist es sehr wahrscheinlich, dass Geisteskranke oder an schweren Krankheiten leidende Juden in Sobibor der Euthanasie unterzogen wurde, da es vom Standpunkt der SS aus sinnlos gewesen wäre, diese Menschen in die Ostgebiete umzusiedeln, und die Besatzungsmacht in Polen keine Rücksicht auf Proteste zu nehmen brauchte. Was diese Hypothese fast zur Gewissheit macht, ist die Tatsache, dass ein grosser Teil des Lagerpersonals von Sobibor (sowie auch von Treblinka und Belzec) zuvor in den Euthanasie-Anstalten eingesetzt gewesen war. In der orthodoxen “Holocaust-Literatur” wird dieser Tatbestand damit erklärt, dass sich Männer, die bereits Erfahrung im Töten von Geisteskranken besassen, ideal dazu geeignet hätten, die systematische Ausrottung der Juden durchzuführen. Da wir nach all dem Gesagten ohne Gefahr der Widerlegung festhalten können, dass es eine solche systematische Ausrottung nicht gab, führen wir eine weitaus logischere Erklärung an: Die betreffenden Männer taten in den Durchgangslagern dasselbe, was sie in den Euthanasieanstalten getan hatten: Sie bescherten Geisteskranken sowie mit ansteckenden Krankheiten Behafteten, die man aus der Masse der Deportierten ausgesondert hatte, einen fragwürdigen “Gnadentod”.

Wie hoch könnte die Zahl dieser Opfer gewesen sein? Ein Indiz liefert der “Gesamtbericht der Einsatzgruppe A vom 16. Oktober 1941 bis zum 31. Januar 1942”, in dem es hiess, von den 20.000 nach Riga sowie den 7.000 nach Minsk verbrachten Juden seien 70 bis 80% arbeitsunfähig gewesen. Laut dem “Gesamtbericht” wurden
“in einzelnen Fällen ansteckend erkrankte Juden ausgesondert und exekutiert”.

Dies beweist eindeutig, dass Arbeitsunfähigkeit nicht und Krankheit nur in schweren Fällen als Grund für eine Tötung galt. Selbst im ungünstigsten Fall wird der Prozentsatz der Euthanasie-Opfer unter den nach Sobibor Gelangten also nicht über 2% betragen haben, was bei einer Höchstzahl von 170.000 Deportierten knapp 3.500 Personen entspricht.

Wenn, wofür schlüssige Indizien sprechen, in Sobibor Euthanasie praktiziert wurde, könnte dies auch eine Erklärung für die in der polnischen Literatur aufgestellte Behauptung liefern, in jenem Lager seien neben Juden auch rund 1.000 Polen umgebracht worden . Zwei ehemalige Sobibor-Häftlinge, Abraham Margulies und Dov Ber Freiberg , erwähnen die Einlieferung Geisteskranker ins Lager, was darauf hindeutet, dass Patienten aus den Irrenhäusern der Umgebung in Sobibor getötet worden sind. Als Arbeitshypothese übernehmen wir die in der polnischen Literatur genannte Zahl von rund 1.000 solchen Opfern, so dass sich die Gesamtzahl der (jüdischen und polnischen) Euthanasie-Opfer auf ca. 4.500 belaufen haben könnte.

 

  1. Unsere Schätzung der Gesamtopferzahl

Unseren Schätzungen zufolge fanden in Sobibor (oder auf dem Weg dahin) also etwa (1.000 + 5.000 + 4.500) = 10.500 Menschen den Tod. Wir sind uns bewusst, dass jede der von uns genannten Ziffern als zu hoch oder zu niedrig anfechtbar ist. Sofern die Lagerdokumentation den Krieg überlebt hat und heute im Giftschrank irgendeines Archivs liegt, wird man die genaue Opferzahl vielleicht eines fernen Tages, wenn sich die politischen Rahmenbedingungen grundlegend geändert haben werden, erfahren. Weiterhelfen könnte auch eine Öffnung der Massengräber mit dem Ziel, das Ausmass der menschlichen Überreste zu ermitteln, doch aus naheliegenden Gründen ist nicht mit einem solchen Schritt zu rechnen. Ganz im Gegenteil ist zu befürchten, dass das Gelände von Sobibor, wie zuvor jenes von Treblinka und Belzec, in naher Zukunft zubetoniert wird, damit künftig nicht mehr gegraben und geforscht, sondern nur noch politisch korrekt getrauert werden kann. Um die vermutlich rund 10.000 echten sowie die wahlweise 160.000 oder 240.000 erfundenen Opfer des Lagers.


J. Schelvis, Vernietigingskamp Sobibor, a.a.O., S. 199. Schelvis nennt keine genaue Zahl der beim Aufstand Getöteten, doch aufgrund der von ihm zitierten Unterlagen (darunter deutsche Polizeiberichte) steht fest, dass es sich um einige hundert handelte.

Ebenda, S. 74.

Siehe Artikel 13.

Rossiskij Gosudarstvenny Vojenny Archiv (Russisches Staatliches Militärarchiv), Moskau, 500-4-92, S. 64.

Auf einer Gedenktafel in Sobibor steht eine Inschrift, laut der im Lager ”250.000 Juden und ungefähr 1.000 Polen” umgebracht wurden. Eine Aufnahme dieser Gedenktafel findet sich bei Zbigniew Sulimierski, Sobibor. Hitlerowski Oboz Smierci, Fundacja ”Kamena” w Chelmie, Chelm 1993.

M. Novitch, Sobibor. Martyrdom and Revolt, a.a.O. (siehe Artikel 5), S. 64.

Dov Ber Freiberg, To Survive Sobibor, Gefen Books, Lynnbrook (New York) 2007, S. 252/253.