Dresden - 13.-14. Februar 1945:

Verbrechen am deutschen Volk !



Leserkommentar: Warum darf ein "Antisemit" nicht katholisch sein?

Von Eckhard Fuhr 6. Februar 2009


Die Ansichten des Holocaust-Leugners Richard Williamson disqualifizieren ihn
politisch und moralisch. Sie tragen ihm vielleicht sogar strafrechtliche
Sanktionen ein. Aber was heißt das für seinen Glauben?

Darf ein Antisemit nicht katholisch sein wie andere Verrückte, Gangster oder Dummköpfe auch?

Diese Woche habe ich verstanden, was der Satz "Wir sind Papst" bedeutet. Den
Stuhl Petri habe ich mir immer als etwas Erhabenes und aus dem Getriebe der
Welt Herausgehobenes vorgestellt. Und auch wenn ich persönlich nicht daran
glaube, daß dieses Möbelstück der Sitz der einzigen Heilswahrheit ist, so
stört mich die Möglichkeit, so etwas zu glauben, doch nicht im Geringsten.

Im Gegenteil: Menschen, die sich nicht dauernd selbst einen Kopf machen um
Gott und die Welt, sondern letzte Fragen einer höchsten Autorität
überlassen, sind im Umgang oft sehr angenehm, weil sie sich allen vorletzten
Fragen mit einer gewissen Gelassenheit nähern können. Wer nicht immer selbst
recht haben muß, der neigt weniger zur Rechthaberei. Die ist eher ein häufig
eintretender Kollateralschaden des herrschaftsfreien Diskurses der
Aufklärung.

Ihre Geschichte früher und heute

Nun muß ich die Erfahrung machen, daß es mit der Erhabenheit des Stuhles
Petri so weit nicht her ist.

Eigentlich wäre die Rücknahme der Exkommunikation, nicht aber der
Suspendierung von vier Bischöfen der theologisch reaktionären
Pius-Bruderschaft durch Papst Benedikt XVI. eine Sache für extrem
anspruchsvolle kirchenrechtliche Feinschmecker, denen in Erwartung seltener
kanonischer Spezialitäten das Wasser im Munde zusammenläuft.

Aber nein, in der Frage, wie es der Oberhirte mit den abtrünnigen Schafen zu
halten hat, will nun jeder päpstlicher sein als der Papst und besser wissen,
was vom Heiligen Stuhl zu verkünden sei.

Plötzlich steht der mitten im weltlichen Getümmel, weil eines der vier
Schafe, Bischof Richard Williamson, den Massenmord an den Juden oder
jedenfalls die Existenz von Gaskammern leugnet und damit den zentralen
Bezugspunkt der westlichen Zivilreligion in Frage stellt.

Das disqualifiziert ihn politisch und moralisch und trägt ihm vielleicht
strafrechtliche Sanktionen ein. Aber welche Relevanz hat das für sein
Verhältnis zur Kirche, die ihr Heilsversprechen und ihre Autorität aus
Kreuzigung und Wiederauferstehung Jesu Christi und nicht aus dem Holocaust
herleitet? Darf ein Antisemit nicht katholisch sein wie andere Verrückte,
Gangster oder Dummköpfe auch?

Mir ist jedenfalls die Spucke weggeblieben, als unsere Bundeskanzlerin den
Papst streng zur Ordnung rief wegen der Causa Williamson. Sie hat nicht ihr
Unverständnis zu erkennen gegeben oder durch den Mund eines
Regierungssprechers eine amtliche Distanzierung verkünden lassen. Nein, sie
hat dem Papst regelrecht die Löffel lang gezogen.

Ich bin zwar Protestant, aber ich glaube nicht, daß sie das darf. Im
Vergleich zu Giovanni di Lorenzo ist Angela Merkel allerdings noch
zurückhaltend. Der Kollege schrieb zum Fall Williamson in der "Zeit":
"Vergebung kann es nur geben, wenn der Papst seine unselige Entscheidung
zurücknimmt." Wenn wir Journalisten tatsächlich etwas mit der Vergebung von
Sünden zu tun hätten, würde ich den Beruf sofort aufgeben.

 

 

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