Rohrabacher ist der Typ, der Amerika und seine Politik
für viele abstoßend macht

Von Ann Wright, Montag, 23. April 2007

"Ich hoffe, es sind Ihre Familienangehörigen, die sterben," sagte der Kongreßmann Dan Rohrabacher zu amerikanischen Bürgern, die die Politik der außergerichtlichen Auslieferungen der Bush-Regierung in Frage stellten.

Anhörungen im Kongreß liefern tiefe Einblicke in die innere Verfassung unserer gewählten Vertreter ? und manchmal sind diese Einblicke garnicht schön.

Am 17. April sahen wir Dana Rohrabacher (Kalifornien) seinen Zorn über Angehörige des Unterausschusses für Menschenrechte des Europäischen Parlaments ausgießen. Diese waren geladene Gäste und Zeugen der Anhörungen. Der Unterausschuß hatte im Januar 2007 einen Bericht herausgegeben, der mit dem außerordentlichen Auslieferungsprogramm der Regierung Bush scharf kritisch umging, im Rahmen dessen aus der ganzen Welt stammende Personen entweder von der CIA oder örtlichen Polizeiorganenen in Haft genommen, dann mit Foltertaxis der CIA in andere Länder geflogen und dort ins Gefängnis geworfen wurden (so in Ägypten, Syrien, Jordanien, Libyen, Djibuty, Marokko, Jemen). Der Bericht richtete sich gleichermaßen kritisch gegen europäische Regierungen, welche die Durchführung der rechtswidrigen Flüge zum gleichen Zweck gestatteten.

Der Bericht des Europäischen Parlaments unterschied zwischen rechtmäßiger Auslieferung von kriminell Verdächtigen in ein anderes Land und rechtswidriger Entführung ? Verschickung von Gefangenen in ein Drittland, das für Folter bekannt ist und jahrelangen Einkerkerung ohne Prozeß von Personen, die krimineller Terrorhandlungen verdächtigt werden.

Der Bericht anerkannte, daß Terrorismus eine Bedrohung der europäischen Länder wie auch der Vereinigten Staaten ist, doch der Ausschuß des Europäischen Paralaments sagte, daß terroristische Handlungen sowohl von europäischen Ländern wie auch von den Vereinigten Staaten gesetzeskonform behandelt werden müssen. In dem Bericht hieß es: "Nach dem 11. September 2001 hat der sogenannte 'Krieg gegen den Terror' - in seinen Auswüchsen - eine ernstzunehmende und gefährliche Aushöhlung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten erzeugt." Das Programm der außergerichtlichen Auslieferungen untergräbt genau die Freiheiten, die wir verteidigen, die Herrschaft des Gesetzes, das Recht auf einen fairen und schnellen Prozeß und das Recht, das Beweismaterial zu kennen, aufgrund dessen man festgehalten und verfolgt wird.

Manche der Entführten endeten in Guantanamo Bay in Kuba. Andere wurden in Gefängnisse anderer Länder zu Vernehmung und Folter geflogen. Viele von denen, die der außerordentlichen Überstellung unterworfen werden, sind immer noch in Guantanamo. Viele sind dort seit über fünf Jahren. Mehr als 400 von den 770 Personen, die über fünf Jahre in Guantanamo seit dessen Eröffnung festgehalten werden, sind freigelassen worden. Nur 380 sind in Guantanamo in Haft geblieben. Nur drei sind von der Militärkommission angeklagt, und nur einer ist in Guantanamo vor Gericht gestellt worden. Nach fünf Jahren Gefangenschaft wurde der australische Staatsbürger David Hicks im März 2007 wegen dinglicher Unterstützung des Terrorismus zu nur sieben weiteren Monaten Gefängnis verurteilt, die er in Australien absitzt. Die Regierung Bush hat gesagt, sie werde nur 50 bis 70 der 380 noch in Guanatanamo Verbliebenen vor Gericht stellen. Das bedeutet, daß von den 770, die in Guantanamo gewesen sind, nur 50-70 vor Gericht kommen. Die anderen werden schließlich aus Mangel an Beweisen für eine Straftat freigelassen. Viele werden dann fünf oder mehr Jahre im Gefängnis zugebracht haben.

Praktisch jeder entlassene Gefangene hat berichtet, er sei während seiner Haft in Ländern wie Syrien, Usbekistan, Ägypten, Pakistan und Afghanistan gefoltert worden. Einige Gefangene sagen, sie seien von der Polizei oder von Vernehmern gefoltert worden. Manche sagen, sie hätten im Hintergrund amerikanische Stimmen gehört, während sie gefoltert wurden. Keinem von ihnen wurden irgendwelche Straftaten vorgeworfen. Keiner wurde vor Gericht gestellt. Sie wurden auf Ersuchen der Vereinigten Staaten von der CIA oder örtlichen Behörden entführt. Die Vereinigten Staaten legten keine Beweise für strafbare Handlungen vor, auch kein Ersuchen zur Auslieferung aus dem Land, wo die Person festgehalten wurde. Auch kümmerte sich keine zentrale Genehmigungsbehörde um die Begründung dafür, daß eine Person der Kontrolle eines dritten Landes übergeben wurde, in dem die Vernehmung stattfand. Menschen wurden viele Male auf Anordnung von untergeordneten Funktionären des CIA "überstellt".

Zurück zu der Anhörung im Kongreß. Mit zusammengekniffenen Augen und verzerrtem Mund attackierte der Abgeordnete zwei britische und ein italienisches Mitglied des Europäischen Parlaments, die vor dem Ausschuß ihre Aussagen machten. Indem er in Tonfall und Gehalt seiner Rede an Joe McCarthy erinnerte, wertete Rohrabacher den Bericht ab, verleumdete ihn, belegte die Parlamentarier mit Schimpfnamen und verunglimpfte sie. Bemerkenswerterweise sagte Rohrabacher, die meisten der Privatflüge der CIA, die in Europa landeten, dienten dem weltweiten Transport von Agenten der CIA und nicht der Beförderung von Gefangenen. Doch die Tagebücher der 1 245 Flüge sind nach Datum und Ort an die Bewegungen spezieller Gefangener von einem Ort zum anderen gebunden.

Rohrabacher tobte gegen jeden, der das Recht der Regierung Bush in Frage stellte, zu tun, was auch immer sie wolle ? legal oder illegal - um terroristische Handlungen zu verhindern und sagte, daß europäische Länder, die Bushs Politik nicht unterstützen, ihre Landsleute Terroristen in die Hände spielten. Insbesondere sagte er, daß alle Amerikaner, welche die außerordentliche Auslieferung in Frage stellen, unamerikanisch seien.

Indem er historische Beispiele anderer Länder anführte, die Menschen entführten, sagte Rohrabacher, Israel habe alle Berechtigung gehabt, den Nazifunktionär Adolf Eichmann aus Argentinien zu entführen und hinzurichten. Rohrabacher hat bequemerweise vergessen, zu erwähnen, daß die israelische Regierung Eichmann ja den Prozeß gemacht hat ? einen Prozeß, wie ihn keiner von denen, die außerordentlich ausgeliefert worden sind, je gehabt hat. Rohrabacher griff dann die Europäische Gemeinschaft an und bagatellisierte sie, weil sie die Todesstrafe ächtet, und er sagte: "Ihr in der Europäischen Gemeinschaft wollt euch bösen Menschen nicht entgegenstellen, ihr wollt sie nicht hinrichten. Eichmann hat es verdient, hingerichtet zu werden, genau wie diese Terroristen hingerichtet werden müssen."

Rohrabacher hat in keiner Weise einmal ein ordnungsgemäßes Verfahren erwähnt, die Herrschaft des Rechts, das Recht eines jeden, der im Zuge des außerordentlichen Auslieferungsprogramms aufgegriffen wird, auf einen Prozeß. Lediglich, weil Menschen durch die USA "ausgeliefert" und eingesperrrt werden, bedeutet das für Rohrabacher, daß sie schuldig sind. Rohrabacher sagte, wenn europäische Länder nicht mit den Vereinigten Staaten zusammenarbeiteten und alles mitmachten, was die Regierung Bush wolle, erklärten sie ihre Landsleute zu Terroristen, indem sie ungesetzliche Methoden zur Festsetzung von des Terrorismus Verdächtigten nicht verwenden. Als Bürger bei der Anhörung, einschließlich der Codepink Friedensvereinigung für Frauen und der Veteranen für den Frieden, Rohrabachers Erklärung hörten, stöhnten sie gemeinsam. Dann sagte Rohrabacher zum ungläubigen Erschrecken von allen im Verhandlungssaal zu jenen, die Mißfallen an seiner Äußerung hatten erkennen lassen: "Ich hoffe, es sind eure Familienangehörigen, die sterben, wenn die Terroristen zuschlagen."

An diesem Punkt hatte ich von Rohrabacher genug. Ich stand auf und sagte: "Ich habe nicht 29 Jahre lang bei der US Armee und 16 Jahre im Diplomatischen Korps gedient, um den Niedergang der Gesetzesherrschaft und die Vergewaltigung unserer eigenen Gesetze zu sehen. Rohrabachers Äußerungen sind empörend. Kein Wunder, daß die Welt uns haßt!"

Der Vorsitzende Delahunt schlug seinen Hammer auf die Tischplatte, um mich zum Schweigen zu bringen, und ich wurde durch zwei Polizisten aus dem Ausschußzimmer geführt. Ich wurde nicht verhaftet.

Bemerkenswert ist, daß ich in einem Punkt mit dem, was Rohrabacher sagte, übereinstimme: "Sie hassen uns." Rohrabacher beendete den Satz mit "Sie hassen uns, weil sie unseren Lebensstil hassen." Leider hassen uns tatsächlich viele, aber nicht wegen unseres Lebensstils.

Vielmehr tun sie es genau wegen der Reden und Handlungsweisen, die Rohrabacher und die Regierung Bush vertreten: illegale und ungesetzliche Taten, eine arrogante Haltung, daß Amerika immer recht hat und alle anderen unrecht, daß die Hilfsquellen der Welt ausschließlich den Vereinigten Staaten zur Verfügung stehen und wir das Recht haben, in jedes beliebige Land einzudringen und es zu besetzen.

Solange wir diese Art und Weise nicht ändern, in der präsidiale Regierungen und der Kongreß vorgehen und die Methode, in der wir mit unserer Mitgliedschaft in der Völkergemeinschaft umgehen, wird die Welt weiterhin in Frage stellen, wofür Amerika steht.


Ann Wright ging als Oberst nach 13 Jahren aktivem Dienst und 16 Jahren in der Reserve der US Army in den Ruhestand. Nach 16 Jahren im diplomatischen Korps der USA trat sie im März 2003 aus Opposition gegen den Krieg im Irak zurück. Sie tat Dienst in Nicaragua, Grenada, Somalia, Usbekistan, Kirgisistan, Sierra Leone, Mikronesien und der Mongolei. Sie half, im Dezember 2001 die US Botschaft in Kabul (Afghanistan) neu zu eröffnen.