Meinungsfreiheit eingeschränkt

Quelle:  Basler Zeitung

Bern. SDA/baz. Bundesrat Christoph Blocher will die Antirassismus-Strafnorm abschaffen - oder zumindest das Leugnen von Völkermord nicht mehr unter Strafe stellen. Er hat am Mittwoch verschiedene Varianten für eine Gesetzesänderung präsentiert.

Die Vorschläge, die das Bundesamt für Justiz (BJ) erarbeitet hat, gehen von Abschwächungen bis zu einer vollständigen Streichung der Antirassismus-Strafnorm. Zu jedem Vorschlag werden Pro- und Contra-Argumente aufgelistet.

Die Antirassismus-Strafnorm sei «gesellschaftlich umstritten», hält das BJ fest. Die Kontroverse drehe sich darum, «ob eine Gesetzgebung gegen Rassismus nicht das Recht der Schweizerinnen und Schweizer auf Wahrung ihrer eigenen Identität beziehungsweise auf Abgrenzung gegenüber den Fremden in ungebührlicher Weise beeinträchtige».

Meinungsfreiheit eingeschränkt

Kritisiert werde, daß die Antirassismus-Strafnorm die Meinungsäußerungsfreiheit übermäßig einschränke oder gar eine Gesinnungsstrafnorm sei. Geltend gemacht werde auch, die Strafnorm sei zu unbestimmt und führe zu Anwendungsschwierigkeiten.

Das Bundesamt für Justiz relativiert in der Folge viele dieser Kritikpunkte. Keinem Grundrecht komme eine absolute Vorrangstellung zu, schreibt es etwa mit Blick auf die Meinungsäußerungsfreiheit. Diese sollte aber nur eingeschränkt werden, wenn dies zum Schutz elementarer Rechtsgüter notwendig sei.

Völkermordleugnung streichen

Mit Blick auf die Meinungsfreiheit besonders umstritten sei die Strafbarkeit der Leugnung von Völkermorden, heißt es im Diskussionspapier weiter. Das Leugnen von Völkermorden steht denn auch im Zentrum der Änderungsvorschläge.

Gemäß einer Variante soll der Leugnungstatbestand ganz gestrichen, gemäß einer anderen Variante beschränkt werden. Demnach würden bestimmte Völkermorde und Verbrechen gegen die Menschlichkeit festgelegt, deren Leugnung strafbar ist.

Nur bestimmte Völkermorde

Neben einer abschließenden Aufzählung wird auch in Betracht gezogen, jene Völkermorde zu berücksichtigen, die von internationalen Gerichten beziehungsweise dem Bundesrat oder einer Historikerkommission anerkannt werden.

Eine weitere Variante sieht vor, nur das Leugnen des Holocaust unter Strafe zu stellen, nicht aber jenes anderer Völkermorde und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dagegen spreche, daß der Gesetzgeber die Bestimmung gerade nicht auf den Holocaust habe beschränken wollen, schreibt das BJ.

Hearing mit Experten

Zu den Vorschlägen konnten sich am Mittwochabend in einem Hearing «Experten» äußern, darunter der Präsident der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, Georg Kreis, Strafrechtsprofessor Marcel Niggli und der Rassismus-Experte Hans Stutz.

Zu den von Bundesrat Blocher eingeladenen Personen gehören auch der Anwalt des verurteilten Völkermordleugners Dogu Perincek, Laurent Moreillon, der Chefredaktor der «Weltwoche», Roger Köppel, und der SVP-Kantonalpräsident von Solothurn, Heinz Müller.

Antrag an Bundesrat

Auf Basis des Hearings soll eine Vorlage erarbeitet werden. Blocher werde dann dem Bundesrat einen Antrag über das weitere Vorgehen stellen, schreibt das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) in seiner Mitteilung vom Mittwoch.

Blocher hatte im Herbst bei einem Besuch in der Türkei erklärt, die Antirassismus-Strafnorm bereite ihm «Bauchschmerzen». Er habe deshalb eine Überprüfung des 1994 vom Volk gutgeheißenen Artikels durch sein Departement angeordnet. Das Vorgehen des Justizministers stieß in der Schweiz auf heftige Kritik.