Reißt die Mauer ab, und ihr werdet glückliche Europäer haben

Quelle:  Frankfurter Neue Presse Online

Von Friedemann Kohler, 21.06.2007

Jerusalem. Gleich die erste Autofahrt von Tel Aviv nach Jerusalem zeigt Roland Koch (CDU), wie kompliziert die Lage in Israel ist. Der Wagenkonvoi des hessischen Ministerpräsidenten weicht aus auf eine Nebenstrecke, die kilometerlang durch die Palästinensergebiete führt. Fahren dürfen hier trotzdem nur die Israelis, die Zufahrten von Seiten der Palästinenser sind blockiert. Stacheldraht und hohe Mauern riegeln die arabischen Dörfer ab, bevor auf den Bergen die von Juden und Muslimen gleichermaßen beanspruchte Hauptstadt Jerusalem auftaucht.

Kochs Reise fällt in eine unruhige Zeit. Die militärische Machtübernahme der radikal-islamistischen Palästinenser-Bewegung Hamas im Gazastreifen bedroht Israel, doch die Gegenstrategie der israelischen Führung ist noch nicht erkennbar. Gewiss: In einem ersten Schritt wird die Hilfe für die andere Palästinenserfraktion, den Präsidenten Mahmud Abbas und seine Notstandsregierung wieder aufgenommen. "Endlich haben wir dort eine Regierung, mit der wir reden können", meint ein israelischer Diplomat. Doch wie umgehen mit der Hamas?

Auch Koch gibt keine Antwort und bewegt sich vorsichtig auf dem schwierigen nahöstlichen Terrain. Offiziell soll seine Reise die Kooperation zwischen Hessen und Israel stärken, doch natürlich kommt Koch auch als Bundespolitiker und stellvertretender CDU-Vorsitzender. Deutschland und Europa stünden gegenüber Israel in der Verantwortung, ist eine seiner Botschaften. Etwas anderes ist angesichts der Geschichte auch nicht möglich, das zeigt der Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. "Die Aufgabe des Erinnerns darf nicht aufhören", sagt Koch dort.

Die Fragen nach einer Rede Kochs an der Universität Tel Aviv zeigen die Sorgen der Israelis heute: Wie zuverlässig stehen die Europäer zu Israel? Gewinnen die Muslime in Europa an Einfluss, speziell über die Türkei? Lässt sich das iranische Atomprogramm stoppen? "Was in Gaza passiert ist, ist nur ein kleines Beispiel dessen, was uns in Israel geschehen wird, wenn wir schwach sind", warnt einer. "Wir werden keinen weiteren Holocaust zulassen."

Am europäischen Eintreten für Israel ändere sich durch die wachsende Zahl von Migranten nichts, antwortet Koch. Bei der Türkei müsse man sehen, ob sie tatsächlich den Weg in die Europäische Union (EU) gehen könne: "Meine Partei und Angela Merkel hätten bei der Türkei lieber so etwas wie eine privilegierte Partnerschaft."

Wie Israel sein Image verbessern könne, will ein Fragesteller wissen. Die öffentliche Meinung in Europa stehe doch sowieso auf Seiten der Palästinenser. Koch schmunzelt kurz: Für Politiker wie für Staaten sei eine Imageverbesserung schwierig zu erreichen.

Doch dann wird er wieder ernst: Natürlich schadeten Bilder vom harten Vorgehen israelischer Soldaten dem Ansehen des Landes. Doch er stehe nicht an, die politische Abwägung Israels zu kritisieren, zuvorderst für seine Sicherheit zu sorgen. Dabei erinnert Koch an die Sperranlagen gegen die Palästinenser: "Ich kann nicht sagen: Reißt die Mauer ab, und ihr werdet glückliche Europäer haben."