Eingesandt an den KANADA KURIER vom 22. Februar 1996

Die Deutschenhetze muß aufhören!

Als Amerikaner deutscher Abstammung schätze ich die Voreingenommenheit gegenüber Deutschen nicht, die seitens der Medien und anderen gefördert oder geduldet wird. Nach 50 Jahren ist es an der Zeit, mit der Verunglimpfung der Deutschen aufzuhören.

Es vergeht kein Tag, an dem man nicht abfällige Bemerkungen und absichtlich verzerrte Darstellungen über Deutsche und im Zusammenhang damit deutschamerikanisches Erbe liest, sieht und hört, besonders wenn es sich um den II. Weltkrieg handelt.

Natürlich fragt man sich, welche Motivation hinter dieser engstirnigen Voreingenommenheit gegen Deutsche steckt. Ist es nur ein unbewußter Rückstand aus den längst vergangenen Kriegsjahren, unabsichtlich durch ignorante und gefühllose Medien und einer ausnutzenden Buch- und Filmindustrie ausgeschmückt? Oder steckt mehr dahinter? Die Beweise scheinen auf letzteres hinzudeuten, da vor 25 oder 30 Jahren die dämonisierenden Charakteristika von heute kaum vorhanden waren. Es scheint in der Tat so, daß, je weiter sich der II. Weltkrieg entfernt, die Bemühungen, Deutschland in einen immerwährenden Schleier des Bösen zu hüllen, umso fiebriger werden.

Als Ergebnis dessen wurden die Amerikaner, eingeschlossen Deutschamerikaner, in einen Zustand versetzt, diese methodische und ständige antideutsche Propaganda, ohne Frage, bis zu dem Punkt zu akzeptieren, wo sogar der ehemalige Nationale Sicherheitsberater General Brent Scowcroft in einer kürzlichen Rede vor einer Zuhörerschaft im Prestige Union Club, unter der sich auch deutsche Diplomaten und führende Geschäftsleute befanden, seine Rede lässig mit erfundenen antideutschen Bemerkungen garnierte.

Antideutschtum ist natürlich in Amerika nichts neues. Seit dem Eintritt Amerikas in den I. Weltkrieg im Jahre 1917 waren Deutschamerikaner regelmäßig die Opfer. Brutale antideutsche Bemerkungen, angeheizt durch irrationale und fanatische, seitens der Regierung inspirierte, haßerfüllte Propaganda, erreichten hysterische Ausmaße. Deutschamerikaner wurden rücksichtslos ihrer Identität, ihres Stolzes, ihrer Würde und ihrer Selbstachtung beraubt.

Trotz bedeutender Beiträge seitens der Deutschamerikaner und tiefer Loyalität zu Amerika, als die amerikanische Regierung 1917 den Krieg gegen Deutschland erklärte, "erklärten die Vereinigten Staaten auch Krieg" an ihre eigenen deutschamerikanischen Bürger.

In der Zeit von 1917-1918 wurden deutschamerikanische Schulen und Zeitungen zu Tausenden gezwungen, endgültig zu schließen. Heute schrecken wir zurück vor Bildern von Bücherverbrennungen in Deutschland im Jahre 1930, ignorieren jedoch, daß es sich zwei Jahrzehnte früher in Amerika zutrug, daß befohlen wurde, quer durch die Nation Berge von deutschen Büchern zu verbrennen. Die Beamten in Städten mit deutschen Namen, die von Deutschamerikanern gegründet worden waren, wurden durch Beamte der Regierung gedrängt, die Namen in englische Namen umzuändern und alle Spuren ihrer deutschen Vergangenheit zu zerstören. Deutsch klingende Straßennamen wurden verboten.

Tausende von Deutschamerikanern wurden aus ihren Stellungen entfernt, Menschen mit deutschem Akzent wurden verhöhnt und auf der Straße angegriffen und sogar gelyncht, und deutschamerikanische Geschäfte wurden gezwungen zu schließen. Deutsche Tochtergesellschaften von Firmen wie Merck & Co. und Bayer wurden ohne Kompensation konfisziert. Diese häßliche Seite der Amerikana bleibt gut versteckt und wird niemals in unseren Schulen gelehrt.

Während des II. Weltkrieges fand in Amerika abermals eine Reinigung statt, als Tausende von Deutschamerikanern zusammengetrieben und in Konzentrationslagern eingesperrt und ihr Eigentum konfisziert wurde. Viele von denen, die nicht interniert waren, standen einer umfassenden haßerfüllten Diskriminierung gegenüber. Und doch erwartete die amerikanische Regierung von ihnen, ungleich den Japanern, gegen ihre eigenen deutschen Verwandten in den Krieg zu ziehen.

Darüber hinaus hat kein einziger Deutschamerikaner, der schikaniert worden war, im Gegensatz zu den Japanern, von der amerikanischen Regierung jemals auch nur einen Cent an Kompensation oder ein Wort der Entschuldigung erhalten.

Obwohl Deutschamerikaner mit 25 Prozent der Bevölkerung die größte ethnische Gruppe und ein sehr stabiler, produktiver und gesetzestreuer Bestandteil der amerikanischen Mittelklasse sind, wurden Deutschamerikaner praktisch aus den Führungspositionen in ihrer amerikanischen Regierung ferngehalten. Es gibt z.B. nicht einen Deutschamerikaner im Clinton-Kabinett. Warum?

Unglücklicherweise haben die nationalen Organisationen, die behaupten, deutschamerikanische Interessen zu vertreten, nichts getan, die Rechte der Deutschamerikaner zu wahren und haben dadurch die antideutsche Voreingenommenheit in Amerika toleriert.

Wenn die Deutschamerikaner jemals diese gegen sie gerichtete Voreingenommenheit stoppen und vermeiden wollen, verleumdet und Bürger zweiter Klasse zu werden, müssen sie, wenn nötig - entweder allein oder in organisierten Gruppen - in den Gerichten jede und alle falsche und voreingenommene Darstellung, Andeutung, Veröffentlichung, Radio und TV Sendungen und Filme - anfechten, um diejenigen, die sie machen, die sie gutheißen und diejenigen, die inserieren und Investoren, die sie unterstützen, für Schäden verantwortlich machen.

Nicht bevor die Voreingenommenheit aufhört und das Unrecht gutgemacht worden ist, werden die 65 Millionen Deutschamerikaner in der Lage sein, ihren Stolz, ihr deutsches Erbe und ihren gerechten und ihnen zustehenden Platz in ihrem amerikanischen Heimatland zurückzuerhalten.

Karl F. Kettler,
Flemington, USA